06.04.2022 Nachrangdarlehen UDI Energie Festzins 11 erhält aufgrund deutlich veränderter Rechtsprechung Rückabwicklungsanordnung der BaFin

Die UDI Energie Festzins 11 UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG, Chemnitz, hat von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Anordnung erhalten, das 2016 emittierte und vermittelte Nachrangdarlehen UDI Energie Festzins 11 rückabzuwickeln. Demnach seien die Gelder unverzüglich und vollständig zurückzuzahlen. Der Bescheid ist gemäß BaFin sofort zu vollziehen. Die BaFin stuft dieses Nachrangdarlehen nun als Einlagengeschäft im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) ein. Diese Einschätzung beruht auf einer deutlich veränderten, jüngeren Rechtsprechung des BGH zu Nachrangdarlehen anderer Marktteilnehmer. Auch wenn das Nachrangdarlehen UDI Energie Festzins 11 deutlich vor der veränderten Rechtsprechung des BGH emittiert, d.h. konzipiert, angeboten und vermittelt wurde, bestände kein Bestandsschutz.

Zum Zeitpunkt der Emission des Nachrangdarlehens handelte es sich um ein marktübliches Finanzinstrument, das der damaligen Rechtsprechung und den Gesetzen entsprach: Sowohl der Verkaufsprospekt als auch das Vermögensanlage-Informationsblatt (VIB) des Nachrangdarlehens vom 24. Oktober 2016 wurden von der BaFin in einem langwierigen Prozess über viele Wochen geprüft und schließlich gebilligt, bevor die Vermögensanlage vermittelt wurde. An vielen, auch prominenten Stellen wurde im 76 Seiten starken Verkaufsprospekt wie auch im VIB auf die Nachrangigkeit der Kapitalanlage hingewiesen. Die qualifizierte Nachrangklausel im Vertrag ist Grundlage dafür, dass eine solche Kapitalanlage nicht als Einlagegeschäft einzustufen ist. Durch die deutlich höheren Anforderungen an die Darstellungen von Nachrangklauseln und die erstmalige Anwendung des AGB-Rechts auf Vermögensanlagen gemäß der jüngeren Rechtsprechung des BGH, wird diese Vermögensanlage nunmehr von der Aufsicht anders beurteilt und der Nachrangklausel ihre Gültigkeit abgesprochen.

Nachrangdarlehen beinhalten eine qualifizierte Nachrangklausel. Das dadurch entstehende Haftungs- und Darlehensrisiko wird im 3-seitigen VIB, deren Kenntnisnahme von den Anlegern separat zu bestätigen ist, wie folgt erläutert: „Die qualifizierten Nachrangdarlehen der Anleger haften für Verbindlichkeiten der Emittenten vorrangig. Andere nicht nachrangige Gläubiger haften im Rang erst nach diesen Darlehensgebern. Da es sich um ein unbesichertes qualifiziertes Nachrangdarlehen handelt, ist darauf hinzuweisen, dass die Zahlung der Zinsen und der Tilgung des Darlehens in zwei Fällen ausgeschlossen ist: Dies gilt zum einen dann, wenn zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Zahlungen – im Falle der Liquidation oder Insolvenz des Emittenten – die Ansprüche sämtlicher anderer Gläubiger des Emittenten aus dem Vermögen des UDI Energie Festzins 11 noch nicht vollständig erfüllt sind. Die Forderungen der Anleger treten also hinter alle in § 39 Abs. 1 Nr. 1-5 InsO (Insolvenzordnung) genannten Forderungen zurück. Zum anderen sind Zahlungen ausgeschlossen, wenn die Erfüllung der Ansprüche der Anleger aus dem von ihm gewährten Nachrangdarlehen einen Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Emittenten herbeiführen würde. Werden Zahlungen geleitet, obwohl dies nach den Bestimmungen des Darlehensvertrages unzulässig ist, sind die Anleger darüber hinaus verpflichtet, bereits erhaltene Zins- und Tilgungszahlungen zurückzuzahlen. Auch kann es aufgrund einer Überschuldung oder Insolvenz des Emittenten zum Totalverlust des Anlagebetrages und der Zinszahlungen für den Anleger kommen.“

Mit den Geldern aus dem Nachrangdarlehen wurden erneuerbare Energien langfristig finanziert, schwerpunktmäßig Bioenergieanlagen in Deutschland, die Strom und Methangas in die öffentlichen Strom- und Gasnetze einspeisen und somit die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen reduzieren. Vertragsgemäß sollte die Laufzeit des Nachrangdarlehens erst am 30.06.2029 enden. Da diese Gelder langfristig ausgereicht sind, besteht für die Emittentin keine Möglichkeit, der unverzüglichen Rückabwicklungsanordnung der BaFin zu entsprechen. Nach intensiver Prüfung der Situation und der nun erfolgten Anordnung der BaFin hat die Geschäftsführung der Emittentin konsequenterweise einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Leipzig gestellt.

Nach Übernahme der UDI-Gruppe durch die Dalasy Beteiligungs- und Kapitalmanagement GmbH, Düsseldorf, Ende 2020 hat das neue Management ein Sanierungsteam eingesetzt und in mehreren Schritten versucht, für alle Beteiligten eine gute Lösung zu finden. Das Ziel war es, womöglich langwierige Insolvenzverfahren zu vermeiden, da diese aufgrund in der Regel hoher Verfahrenskosten die Rückzahlungsmöglichkeiten an die Anleger der Nachrangdarlehen deutlich schmälern. Auch wenn sich insgesamt eine Mehrheit der Anleger für die Sanierungsvorschläge ausgesprochen hatte, konnte zuletzt die für die Sanierung wirtschaftlich erforderliche Quote nicht erreicht werden.

Die Nachrangklausel bedeutet zum einen ein abzuwägendes Risiko für die Anleger. Andererseits kann ein solcher Nachrang eine Emittentin auch vor einer Zahlungsunfähigkeit schützen. Grundidee ist, dass die zum Zeitpunkt der Emission in ihrer Höhe festgelegten Zinsen ausgesetzt oder nur teilweise gezahlt werden und im Anschluss nachgeholt werden können, um eine drohende Insolvenz zu vermeiden. Diese Möglichkeit galt ursprünglich den damals Verantwortlichen als sinnvoll, um z.B. Mindererträge bei Bioenergieanlagen durch schlechte Ernten in einem Jahr in den Folgejahren wirtschaftlich ausgleichen zu können. Massive Dürresommer und eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Bioenergie in Deutschland haben den Bioenergieanlagen zuletzt stark zugesetzt, so dass die Emittentin von der Nachrangklausel Gebrauch machen musste.

Welche Bedeutung die Entscheidung der BaFin für unzählige weitere Vermögensanlagen im Markt wie auch für einige weitere von der UDI-Gruppe emittierte Nachrangdarlehen hat, die vor der veränderten Rechtsprechung des BGH emittiert wurden, ist noch nicht absehbar und wird in jedem Einzelfall nach Einschätzung der rechtlichen Berater der UDI-Gruppe analysiert, neu bewertet und entschieden werden müssen. Zudem ist die jeweilige Geschäftsführung der Emittentinnen verpflichtet, die jeweilige wirtschaftliche Situation stets genau zu prüfen und kontinuierlich neu zu bewerten.

 

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